Noch befinden sich die Bäume in unserer Anlage mit den Bio-Mostäpfeln auf dem landwirtschaftlichen Betrieb in Ufhofen in der Winterruhe. Etwas kahl stehen sie deshalb da in Reih und Glied, auf rund drei Hektaren Fläche, ganz ohne Blätter. Ein Minimum an Wasser ziehen die Bäume in der kalten Jahreszeit über die Wurzeln aus dem Boden. Die Nährstoffe sammeln sich im Stamm und in den Wurzeln an und halten sich dort für die Bildung der Blätter und Blüten im Frühling bereit. Doch bevor es so weit ist, greifen die Mitarbeiter auf dem Holderhof zu Schere und Säge. Denn jetzt ist der richtige Moment für den Winterschnitt. Dieser ist nötig, um den Baum optimal für die nächste Saison in Stellung zu bringen. Ohne Schnitt würden viele Äste stehen bleiben, die nur wenige Äpfel tragen und dazu nicht genug Sonnenlicht erhalten. Das ist aber unerwünscht, denn für unseren Apfelsaft wollen wir natürlich genau das Gegenteil: Möglichst viele, süsse Äpfel.
Konturschnitt bringt erst einmal Ruhe herein
Der Winterschnitt bei Mostäpfeln sieht anders aus wie bei Tafeläpfeln für den direkten Konsum. Bei ersteren geht es um möglichst hohe Erntemengen, während bei den Tafeläpfeln vor allem Uniformität und die äussere Qualität zählen. «Tafeläpfel wachsen am liebsten an horizontalen Ästen, Mostobst hingegen wächst auch am steilen Holz», erklärt Obstbauberater Maximilian Nordmann aus Immenstaad ennet des Bodensees. Deshalb braucht es verschiedene Schnitt-Techniken. Der Experte der in ganz Deutschland tätigen Firma POB Leicht & Wetzler GmbH besuchte den Holderhof im Januar für eine Beratung vor Ort in der Mostobst-Anlage. Schon ein paar Tage zuvor fuhr Betriebsleiter Remo Knöpfel mit dem Traktor und einem speziellen Schneidegerät durch die Anlage und führte an den Bäumen einen maschinellen Konturschnitt durch. Dabei werden die äusseren Äste der Bäume mehr oder weniger gleichmässig abgeschnitten. «Für das Schliessen der so zugefügten Schnittwunden braucht der Baum nun viel Kraft und wird dadurch ruhiger», erklärt Maximilian Nordmann. Diese Ruhe im Wachstum ist beim Mostobst erwünscht.
Zurückhaltung beim Schneiden ist angesagt
Für die Rentabilität der Mostobst-Anlage sind nicht nur die geernteten Kilos entscheidend, sondern auch der betriebene Aufwand. Dieser muss im Vergleich zur Tafelobstproduktion viel geringer ausfallen, weil die Abnahmepreise für die Mostäpfel deutlich tiefer sind. Das heisst auch: Möglichst wenig Handarbeit. Deshalb fällt auch der Schnitt pragmatischer aus. Mit der Schere und der Säge wird vor allem dafür gesorgt, dass oben genug Licht zwischen die Äste gelangt und dass der Baum stabil gehalten wird, und die Äpfel so auch tragen kann. Weg kommen auf jeden Fall kranke und abgestorbene Äste. Experte Maximilian Nordmann rät zu zurückhaltendem Schneiden: «Wird auf einmal zu viel geschnitten, wächst der Baum zu stark und trägt zu wenig Äpfel.»
Gewollte Eingriffe in die Natur
In einer professionellen Mostobstanlage wie in Ufhofen greifen die Fachleute immer wieder gezielt in die Natur ein, um bestimmte Effekte bei den Bäumen zu erzielen. Grundsätzlich gilt: An einem Baum mit zu viel Wachstum, entwickeln sich tendenziell weniger Äpfel. Weil die Bäume in Ufhofen eher etwas zu wüchsig sind, schlägt der Obstbauberater deshalb zwei weitere – eher spezielle – Schnittvarianten vor: «Gezielte Schnitte mit der Säge direkt in den Hauptstamm des Baums sowie ein Wurzelschnitt mit einer Spezialmaschine bremsen den Baum.» Die nächsten Monate und Jahre werden nun zeigen, ob sich die Massnahmen gelohnt haben.